Urban Gardening oder Wildblumen im Balkonkasten
Guerilla Gardening, Urban Gardening, Gemeinschaftsgärten in der Wohnanlage, Schrebergärten, Pflanzaktionen, Naschbalkone, essbare Wildpflanzen mitten in der Stadt, urbane Landwirtschaft (Urban Farming), vom Hobbygärtner zu „ökologischem Wohnen“ – es wird viel geschrieben über die Sehnsucht der Großstädter nach dem einfachen Landleben und dennoch ziehen mehr Menschen in die Stadt, anstatt Reißaus zu nehmen. Dabei ist es eigentlich egal, wo man was macht. Hauptsache, man macht es. Da will ich mal ein paar Geschichten beisteuern.
Unsere Nachbarn, eine Queer-Familie mit zwei Töchtern haben Glück. Das Glück der Tüchtigen. Sie haben jetzt einen Schrebergarten in einer wundervoll charmant versteckten Anlage neben dem nun entstehenden Autobahndeckel in Hamburg. Diese Scherbergartenanlage ist kaum zu finden, wenn man nicht weiß, dass es sie dort gibt, in diesem vornehmen Hamburger Stadtteil westlich der A7. Nun sieht man die Mädchen kaum noch, die Familie scheint jedes Wochenende draußen in ihrem kleinen Idyll, dass es ja erst einmal aufzubereiten und herzurichten gilt. Der Sommer kam gerade recht. Seltsamerweise ist es so, dass beinahe jeder, mit dem ich über diese Schrebergarten-Sache spreche, sich für einen solchen Garten angemeldet hat und irgendwo auf der Liste steht. Es liegt also voll im Trend.
Dazu passt natürlich die Hamburg Aktion Mein Baum – Meine Stadt oder die 100-Jahre-Stadtgrün-Veranstaltungen in diesem Jahr. Frei nach dem Motto Unsere Stadt soll grüner werden gibt auch Edinger auf seinem Blog seinen Lesern „Grüne Ideen für die Großstadt“.
Viele Bürger wollen planzen, Urban Gardening, ein kleines Stückgarten, manchmal sogar einen Gemeinschaftsgarten – Urban Gardening – mit ihren Nachbarn, für ihre Straße. Kürzlich war ich auf Tour mit !Altona macht auf! im Rahmen der wundervollen „altonale 16“. In einer kleinen Stichstraße, die im letzten Jahr ein zauberhaftes Nachtstraßenfest feierte, wollten die Nachbarn nun ein relativ großen Stück Fläche um einen Baum am Ende der Sackgasse, gärtnerisch Bewirtschaften und frugen beim Bezirk an, ob sie dieses dürften. Nein, kam die knappe, aber glasklare Antwort vom Amt per E-Mail. Erst als man ein Video fand, dass von einer europäischen Stadt, deren Namen ich noch recherchieren muss, erzählte, die für ihr Engagement in Sachen Community Gardening besondere Beachtung fand, und eben dieses Video an den Mann aus der Behörde schickte, kam kurzer Hand das „Ja.“
In Deutschland ist es leider immer noch so, dass man für solche Aktionen eine Genehmigung braucht. Ansonsten läuft man Gefahr, dass das Gartenamt Kleinholz macht, nach dem ein Nachbar eine solch sinnvolle und lebendige Sache entsprechend denunziert hat. Kein Wunder, dass es relativ viele Guerilla Gardening-Aktion gibt. Hier glaubt man noch an Ordnung, an Regeln und Gesetze, an Amt und Würden. In anderen Ländern sieht das total anders aus. Im fernen Kanada spazierte ich in Vancouver an einer ganz normalen Straße an einem kleinen Gewächshaus vorbei, dass direkt auf dem Grünstreifen zwischen Bürgersteig und Straße aufgebaut war. Erstaunt fragte ich den Besitzer, der vor seiner Haustüre stand: „Ist das denn erlaubt hier? Haben die Behörden nichts dagegen?“ Interessante Frage, das wisse er gar nicht, antwortete er mir: „Ich habe sie nicht gefragt, es ist, denke ich, nicht erlaubt, aber es ist Ok.“
Niemand käme in Nordamerika auf die Idee, jemand anderen bei den Behörden zu verpfeifen, wenn der sein Gemüse am Straßenrand zieht. Dort sind sie viel weiter als hier, haben einige Jahre Vorsprung was Urban Gardening und Urban Farming angeht.
Gewächshaus am Straßenrand in Downtown Vancouver
In Hamburg gibt es noch weiter wunderbare Projekte, bei denen man mitmachen kann und die unterstützenswert sind. Etwa das Tutenberg Institut für Umweltgestaltung e.V. mit dem Schwerpunkt auf Permakultur und daraus abgeleitet Bienenzucht. Und auch du kennst sicher kleine Nachbarschafts-Gärtchen am Straßenrand. In Altona fällt mir gleich eine ganze Hand voll ein. Aber hier sind die Leute auch etwas anders drauf.
Ein Wort noch zu den Bienen. Alle reden über das Thema, dass die Bienen für unsere Ernährung so wichtig wären und wiederholen nur, was sie hier oder dort mal aufgeschnappt haben, ohne sich genau in Kenntnis zu setzen. Oder habt ihr mal davon gehört, dass die europäische Honigbiene in der seinerzeit in den Kolonien, auf Inseln und in Nordamerika, verheerende Schäden angerichtet hat und bestimmte Vogelarten zum Aussterben brachte? Dass sie in einigen fremden Gebieten wieder verschwand, weil fremde Krankheiten sie ausrottete und alles wieder in Ordnung war?