Bürgerentscheid Ikea in Altona – Fehler mit Folgen?
Das Verfahren des Bürgerenscheids der Befürworter des blau-gelben Wellblechwahnsinns weist laut des Vereins Mehr Demokratie in Hamburg „dicke Schönheitsfehler“ auf. Der Verein fürchtet, dass das Instrument des Bürgerentscheides durch die Unfähigkeit des Bezirks-Parlaments und der Bezirksabstimmungsleitung, beschädigt wurde.
Es ist außerordentlich bedauerlich, dass zum Thema „Ikea in Altona“ kein gemeinsamer Bürgerentscheid der beiden Initiativen (Pro und Contra Ikea) zustande gekommen ist“, so Manfred Brandt, Vorstandsmitglied von „Mehr Demokratie“. „Bei einem so umstrittenen Projekt ist ein Bürgerentscheid ohne Darstellung der Contra-Position in den Abstimmungsunterlagen ärgerlich und nicht im Sinne des Gesetzes.“ Und: „Der gesetzliche Spielraum war da, und es wäre allein schon aus Gründen der Fairness und einer sparsamen Haushaltsführung vernünftig gewesen.“ Die Bezirksabstimmungsleitung hätte dazu nur etwas mehr Mut benötigt. Manfred Brandt: „Alle Beteiligten haben hier versagt. Sie haben zu viel taktiert und die Frieden stiftende Wirkung von Bürgerentscheiden verspielt. So wird das Instrument beschädigt.“
Das ist doch eine glasklare Aussage, die nach Skandal riecht.
Doch es gibt noch andere skandalöse Aspekte – Unterschlagungen, um die Sache beim Namen zu nennen – in dem langsam zur Farce werdenden Versuch, Ikea mit Gewalt in die Fußgängerzone zu holen. So kann niemand zum jetzigen Zeitpunkt absehen, welche Folgen ein solch ruinöses Vorhaben für den Stadtteil und seine Bewohner haben wird. Wieviele Steuergelder (Neudeutsch: Investitionszulagen) sind Ikea versprochen? Wie lange MUSS Ikea dafür bleiben? Wer übernimmt die persönliche Verantwortung für ein Scheitern des Konzeptes und einer blau-gelben von mutigen Künstlern besetzen Müllhalde in ein paar Jahren? Wie stellt sich der Bezirk die Verkehrsregelung vor? Welche Verkehrskonzepte gibt es? Oder gibt es noch gar keine?
Ich als verantwortungsbewußter Hamburger Bürger kann also eigentlich keine so wichtige Entscheidung treffen, da wesentliche Informationen bzw. Konzepte von Seiten der Verantwortlichen zur Lösung verschiedener Probleme in Folge einer positiven Entscheidung bisher nicht vorliegen. Von daher kann dieser jetzt erfolgte Bürgerentscheid kein demokratisches Verfahren sein. Sonst höchsten ein Demokratie-Imitat.
Hauptproblem eines Möbelriesen in der relativ kleinen Altonaer Alstadt ist das zu erwartende Verlehrschaos. Bisher liegt noch kein konkretes Konzept vor. Angedacht ist ein Autobahnzubringer über die Harkortstraße zur B4 oder durch das Industriegebiet Leunastraße zur Auffahrt Stellingen. Was das für die Bewohner zwischen Julius-Leber-Straße und Holstenstraße bedeutet, mag man sich nicht ausmalen. Denn den Verkehr durch den maroden und oft verstoften Lessingtunnel und die Barnerstraße hoch zur Auffahrt Bahrenfeld zu leiten, kanns ja wohl auch nicht sein. Auch die Elbchaussee kann keinen weiteren Verkehr verkraften. Doch dort an der Auffahrt Bahrenfeld befindet sich neben dem „Othmarschenpark“ ein riesigen Grundstück wie geschaffen für Ikea …
Gestern hörte ich noch die Ansicht, dass man Ikea zwingen könne, eine andere, angemessene Fassade für ihre Filiale in Altona zu bauen. Dass das wenigsten nett aussieht und nicht blau-gelb. Das passt nur nicht cor Corporate Identity. Und Ikea wird niemand zu irgendwas zwingen können. Die Stadt hat nicht nicht gemerkt, in welch schwache Position sie sich gebracht hat.
Auch wenn Ikea behauptet, die Stadtfiliale wird hauptsächlich die Laufkundschaft ansprechen, wissen wir, dass die meisten Pappenheimer keine zwei Meter ohne Auto machen wollen. Die Menschen sind halt so beschallert, da kannste kaum was machen. Man sieht das ja täglich zur Rush-Hour, wo willfährige Esel nicht etwa die Karren ziehen, sondern selber hinterm Lenkrad kauern. Hier mein Schaubild von der aktuellen Verkehrslage zu den Stoßzeiten in Altona-Altstadt:
Legende – Rot: Stau. Blau: Geplanter Autobahnzubringer
Man sieht, dass schon jetzt in Altona nichts mehr geht. Sensiblere Naturen, wie ich es bin, vermeiden um jeden Preise eine Autofahrt zu den schlimmsten Zeiten. Fahrrad zu fahren ist an diesen Straßen auch nicht gerade zu empfehlen. Bei dem Verkehr schützt auch kein Fahrradhelm mehr. Und wie komme ich überhaupt dazu mit meinen Lungen die Stadtluft wieder sauber zu epilieren?!
Durch Ottensen führt kein Weg, da ist dicht, alles voller 30er-Zonen, Ampeln und Einspurigkeit. Der einzige einigermaßen freie Zugang befindet sich aus Richtung Stadt, also Reeperbahn und Simon-von-Utrecht-Straße, wobei es auch hier ein hohes Verkehrsaufkommen gibt. Aus Richtung Stadt aber (auch aus Richtung Ring 2, also Holstenstraße) sind die Ikea-Autokolonnen zu erwarten. Dann ist Ikea umkesselt und nichts geht mehr!
Ich persönlich habe nichts gegen Ikea. Warum auch? Ich habe nur etwas gegen verkrustete Verwaltungen, undemokratische Machenschaften in Filz und Manipulation der für dumm verkauften Bürger – und gegen Behördenstrukturen, in denen bis zum Sankt Nimmerleinstag abgesicherte Figuren in die Belange der Menschen reinfingern und oftmals den Kontakt zur Realität der allermeisten ihrer Mitbürger fast vollständig verloren haben.
Und das muss sich die Kein Ikea in Altona-Initiative vorhalten lassen: Es war ein schwerer Fehler, die Kein Ikea in Altona-Aktion gegen den Möbelkonzern zu fahren, also ein Feindbild zu konstrurieren, das viele Bürger nicht nachvollziehen können. Wie man FÜR etwas kämpft ohne sich an einem Feindbild aufzubauen und zusammenzuhalten haben die Künstler des Gängeviertels beweisen. Die Kein Ikea in Altona-Initiative hat so wichtige Sympathien verspielt und sich taktisch äußerst unklug verhalten. Sie müssen für ihre Niederlage die Verantwortung übernehmen! Denn sie konnten ein schlüssiges und umsetzbares Gegen-Konzept den Bürger und Geschätfsleuten leider nicht vermitteln.
Heutzutage sucht man immer schnelle Lösungen. Der Konfilkt um Ikea in Altona, der lange noch nicht ausgestanden ist und die Bürger im Stadtteil tief zu spalten droht, hätte einen runden Tisch erfordert, bei dem man in Ruhe ein nachhaltiges Konzept für die Menschen in und um die Große Bergstraße erarbeitet. Man hätte einen anderen, moderneren, klügeren Weg wählen können, anstatt alles auf einen einzigen Investor abzustimmen. Wie falsch das ist, wird sich in Zukunft – da bin ich ganz sicher – zeigen!
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