Graffitis in Hamburg – Kunst in der Grauzone
Nicht nur in Hamburg findet Kunst – Graffitis – auf der Straße statt, und das nicht erst in den letzten Jahren. Tatsächlich hat die Stadt eine Graffiti-Historie von mehr als 40 Jahren zu verzeichnen. Und die kann bis zum 7. Januar 2024 noch im Museum für Hamburgische Geschichte bewundert werden.
Das Bemalen von Wänden hat Tradition: Schon im alten Ägypten und in der klassischen Antike wurden Grafittis erstellt. Damals freilich griffen die Künstler und Künstlerinnen nicht zur Spraydose. Die Bilder und Schriftzüge, Sprüche und integrierten Kunstwerke aus Bild und Sprache kommunizieren im öffentlichen Raum. Das kommt nicht immer gut an:
- Bis Ende August 2023 hatte die Hamburger Polizei schon 230 Graffiti-Sprayer ermittelt, darunter Mehrfachtäter und -täterinnen.
- Allein im ersten Halbjahr 2023 gingen 1.800 Anzeigen wegen Graffitis ein.
- Nur drei Hamburger Bezirke gaben im ersten Halbjahr 2023 Geld für die Reinigung und Beseitigung von Graffitis aus, und zwar Mitte, Eimsbüttel und Harburg.
Das Problem mit „Wildsprayern“ ist die eine Seite. Die andere Seite sind die derzeit sechs ausgewiesenen Flächen, an denen legal gesprüht werden darf. Graffitis haben in Hamburg Tradition, seit etwa den 1980er-Jahren existiert eine lebhafte Szene. Die Wunder des Graffitis in Hamburg ist seit Mitte September 2023 auch am Bahnhof Sternschanze erlebbar. Denn am 17. September wurde hier im Fußgängertunnel die Hall of Fame Sternschanze umgesetzt, seitdem sind die Werke von 32 Künstlerinnen und Künstlern hier zu bewundern. 30 davon kommen aus Hamburg.. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Altona, des HVV und der OZM.
Graffitis zunehmend geduldet und als Kunst eingestuft
Die Hamburger Graffiti-Szene entstand Anfang der 1980er-Jahre als Jugend- und Subkultur. Damals war das Stadtbild Hamburgs noch von grauer Nachkriegsarchitektur geprägt. Die bunten Bilder an Fassaden und öffentlichen Bauwerken gaben der Stadt ein fröhliches, diverses Aussehen. Wie sich das entwickelt hat, zeigen um die 500 Exponate der Ausstellung „Eine Stadt wird bunt“, zusammengetragen aus großformatigen Fotos, Audiokassetten, Flyern und Schallplatten. Warum Audiokassetten und Schallplatten? Die Szene entwickelte sich Hand in Hand mit der Musikszene und der Breakdance Szene. Graffitis in Hamburg waren lange fest an diese Szenen gebunden. Aber auch Sneaker, Baseballjacken und Sprühdosen, Skizzenbücher und Bolzenschneider sind in der Ausstellung zu bewundern.
Und was hat es nun mit der Gestaltung des Tunnels am Bahnhof Sternschanze auf sich? Bürgerinnen und Bürger hätten sich in letzter Zeit zunehmend beschwert. Der Tunnel war wiederholt verschmutzt, wurde missbräuchlich verwendet. Er war ein sogenannter Angstort, hier hielt sich niemand gerne auf. Deshalb war eine Neugestaltung nötig geworden, wie der Pressesprecher des Bezirksamts Altona, Mike Schlink, betont. Mit der einmaligen Gestaltung durch überwiegend einheimische Künstler und Künstlerinnen ist es aber nicht getan, das Projekt wird von Kunstpädagoge und Künstlerinnen und Künstlern der Hamburger Graffiti-Szene weiter betreut. Insgesamt 14.000 Euro kostet die Gestaltung der Unterführung, finanziert vom Bezirksamt Altona, der Bezirksversammlung Altona und dem HVV.
Wenn städtische Ämter für die Erstellung von Graffitis so viel Geld locker machen, dann ist eines klar: Es handelt sich hier nicht mehr um verpönte Schmierereien, sondern um eine anerkannte Kunstform. Und die kann auch an anderen Stellen in Hamburg bewundert werden.
Legale Graffitis seit Jahren Werbefaktor
Natürlich wird in Hamburg nach wie vor illegal gesprüht, und natürlich bezieht sich die erwähnte Strafverfolgung ausschließlich auf die unerwünschten Schmiereien. Graffitis sind aber mehr als Ausdruck jugendlicher Unangepasstheit. Banksy hat die gesprühten Bilder in den Himmel der hohen Kunst erhoben. Aber Graffitis können auch Werbung. Obwohl viel Marketing online stattfindet, darf man die Wirkung von analogen Werbemaßnahmen nicht unterschätzen – das weiß man auch bei Hamburgs Google Ads Experten Adpoint. Die Agentur arbeitet zwar rein digital. Aber die werbewirksamen Kunstwerke auf Hamburgs Straßen sind den Experten natürlich bekannt.
Aber wo sind denn nun besonders sehenswerte Kunstwerke zu finden? Ein neues, 30 Meter hohes Mural ließ Hinz&Kunzt in der HafenCity erstellen. Das 400 qm große Kunstwerk wurde vom irischen Künstler ACHES an der Fassade des Musikerhauses in der Shangaiallee erstellt. Mit dem Titel „Dear Uwe x 30 Jahre Hinz&Kunzt“ versehen, zeigt das Mural ein fotorealistisches Porträt von Uwe Dierks, verstorben 2020 und dienstältester Hiinz&Kunzt-Verkäufer, stadtbekannt und für seinen unerschütterlichen Optimismus geschätzt.
Weitere sehenswerte Kunstwerke, die ohne Eintritt und jenseits von Öffnungszeiten, strikten Regeln oder gar Preisschildern bewundert werden können, befinden sich im Gängeviertel, in St. Pauli und in Ottensen. Ottensen? Genau! IN der Barnerstraße in Ottensen schwappt an einem Schönheitssalon die große Welle. Inspiriert vom japanischen Holzschnittkünstler Hokusai und seiner „Großen Welle von Kanagawa“, holt die Fassade das Meer in seiner schönsten Form in die Stadt.
Am Backpacker in der Bernstorffstraße in St. Pauli hat sich Philipp Kabbe zu schaffen gemacht. Der freischaffende Künstler lässt Menschen mit Rucksack im Ruderboot in einem modernen Hafenumfeld nach etwas nicht näher Bezeichnetem Ausschau halten. In einem Hinterhof der Sternschanze (Hausnummer 57 und 69 der Lippmannstraße) versteckt sich ein Hamburger Original: der letzte Seebär. Verewigt haben ihn die Innerfields, ein Berliner Künstlertrio.
Einfach auf Entdeckungstour gehen!
Ob Gaußstraße in Ottensen/Bahrenfeld, Spaziergang durch das Gängeviertel (insbesondere Speckstraße) oder Argentinienbrücke: Ein Sparziergang durch Hamburg offenbart zahlreiche Kunstwerke. Hamburg hat auch fernab von kostenintensiven Museen und Elbphilharmonie eine Menge zu bieten. Wer Lust auf unkonventionelle Abenteuer hat, findet unter anderem in Manfred Ertels Buch „Lost & Dark Places Hamburg“ Anregungen. Als Gegengewicht zu den farbenfrohen Murals in der ganzen Stadt mag das genau das Richtige sein!