Das Zinshaus-Konzept wird in Hamburg wiederbelebt
Noch immer sind die Spuren der Gründerzeit im Stadtbild Hamburgs zu erkennen. Vor allem die markante und bis heute als stilvoll empfundene Architektur dieser Tage bietet in älteren Stadtvierteln ansehnliche Blickwinkel. Zwar ist nur noch ein Teil der damals errichteten prachtvollen Wohnhäuser und Villen erhalten, doch dies lässt sie im Kurs vieler Liebhaber und Anleger umso höher steigen.
Die Spuren des Kaiserreichs
Tatsächlich erlebte die Stadt Hamburg in den ersten Jahren des Kaiserreichs eine wahre Renaissance. Aufgrund der neu erschlossenen Handelsgebiete floss viel Kapital in die Stadt, was sich positiv auf das allgemeine Lebensgefühl auswirkte. Zudem entwickelte sich ein neues Gespür für Architektur, das in lebendigen Vierteln ganze Straßenzüge beeinflusste. Beständige Baustoffe wurden zu stabilen und prunkvollen Konstruktionen verarbeitet. Investoren leisteten sich große Säle mit hohen Decken, welche das eigene Prestige unter Beweis stellen sollten. Neben reichen Privatleuten waren es vor allem reich gewordene Gesellschaften, welche diesen Wandel im Stadtbild Hamburgs nachhaltig prägten.
Was auf den ersten Blick nach wunderbarer Vielfalt aussieht, trug ein klar geplantes Konzept in sich. Denn hinter den interessant und abwechslungsreich gestalteten Fassaden verbarg sich ein standardisiertes Modell, welches als Grundlage für alle geschmacklichen Anpassungen diente. Dadurch war es trotz der prächtigen Bauweise möglich, die Kosten der Errichtung zu senken. Dieser wirtschaftliche Sinn wurde vor allem von großen Kapitaleignern an die Projekte herangetragen, welche die Gruppe der Bauherren wesentlich dominierten. Daraus entwickelte sich das Modell des sogenannten Zinshauses als Form der Geldanlage. Investoren hatten die Möglichkeit, ihr Kapital unter großer Sicherheit anzulegen und an der eingenommenen Miete zu verdienen. Weniger wohlhabende Bürger der Stadt hatten wiederum die Gelegenheit, trotz eines kleineren Vermögens in die luxuriösen Viertel zu ziehen.
Neuer Wohnraum in altem Stil
Auch auf unsere heutige Zeit lässt sich das rund 150 Jahre alte Zinshaus-Konzept wieder übertragen. Das vergleichsweise simple Modell bietet Anlegern die Möglichkeit, selbst in Zeiten niedriger Zinsen eine Rendite zu erwirtschaften. Zugleich handelt es sich um ein Konzept, welches zur Entspannung der Wohnsituation beitragen könnte, die in Hamburg genauso wie in vielen anderen deutschen Metropolen vorherrscht. Die MMST Architekten sind diesem Thema nachgegangen und entwickelten neue Lösungen für eine Realisierung im 21. Jahrhundert. Zwar haben sich im Laufe der Zeit viele Faktoren geändert, doch noch immer scheint das Zinshaus-Konzept zukunftstauglich zu sein. Unter realen Bedingungen wurde ein Mehrfamilienhaus mit 20 Wohnungen in Hamburg-Langenhorn zum Jahreswechsel fertiggestellt. Speziell die errechnete Kostenstruktur gilt als positives Vorzeichen des Projekts: Die Wohnungen erreichen durch die staatliche Förderung des KFW-40-Standards sehr geringe Nebenkosten und können für durchschnittliche 12,50€/m² vermietet werden, die kleineren Wohnungen etwas teurer und die großen Wohnungen etwas günstiger. Dabei wurde der Standard der Berechnungen mit einer Brutto-Rendite von fünf Prozent festgesetzt. Diese Rendite entspricht dem empfohlenen Wert für die private Altersvorsorge mit Immobilien.
Ein zukunftsträchtiges Projekt
Die staatlichen Paradigmen, welche von einem Preisniveau ab 8 Euro pro Quadratmeter ausgehen, sind dadurch nicht erreicht. Dennoch möchte die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA dieses Niveau in drei Prototypen zukünftig realisieren. Die noch zu überbrückende Differenz beruht zum einen auf den hohen Grundstückspreisen, die heute in Vierteln wie Hamburg-Langenhorn vorherrschen. Trotzdem ist es bereits bei diesem ersten Ansatz gelungen, Luxuselemente wie die beeindruckende Klinkerfassade und einen Aufzug zu integrieren. Daran wird das zukünftige Potenzial für Hamburg und andere Städte deutlich, das dem Nutzen aller dienen könnte. Das Zinshaus-Konzept hilft vor allem dabei, die Nachverdichtung des Stadtgebiets voranzutreiben, oder entstandene Lücken im Städtebau zu schließen. Dem Aussterben der historischen Ortskerne, welches auch durch Großprojekte außerhalb des eigentlichen Zentrums entsteht, könnte so ein Riegel vorgeschoben werden. Hinzu kommt die Funktion des Zinshauses als private Altersvorsorge, die dann sprichwörtlich auf vielen stabilen Säulen steht. Detaillierte Informationen zu dieser Fallstudie haben die MMST Architekten unter www.mmst-architekten.de/zinshaus frei zugänglich gemacht.