Unsere Mütter, unsere Väter – meine Familie
Der Film Unsere Mütter, unsere Väter kommt offenbar zur rechten Zeit, denn der Soff ist nicht neu, den er verarbeitet. Die Kölner Autorin Sabine Bode widmet sich dem Thema schon seit einigen Jahren. Denn für den sensitiveren, wacheren unter uns ist schon lange klar, dass der furchtbare Krieg immer noch nachwirkt. In den Familien, den Seelen, in den nachfolgenden Generation. Wobei auch der 1. Weltkrieg als „Ur-Katastrophe“ seinen Teil zu den Familien-Traumatas beiträgt. Und doch wurde dieses Thema, die seelischen Folgen in den Deutschen der Krieggeneration (die ist gemeint mit „Unsere Mütter, unsere Väter“) lange vernachlässigt – und verschwiegen. Ich bin froh über diesen Filme und habe alle Teile gesehen. Es ist gut und sinnvoll darüber zu reden. Denn wir haben noch immer, ob wir es wollen oder nicht, noch viel aufzuarbeiten aus unserer Vergangenheit, aus dem Krieg und der Nazi-Zeit. Unsere Mütter, unsere Väter leistet dazu einen wertvollen Beitrag.
Meine Großtant und mein Großonkel, bei denen ich teilweise aufgewachsen sind, stammten aus Ost-Preußen, lebten während des Krieges in Berlin und hatten einen Tante-Emma-Laden in Hamburg-Winterhude, wo sie sei Anfang der 50er-Jahre lebten.
Meine „Mütter und Väter“ enstammen nicht der Krieggeneration. Sie waren noch kleine Kinder am Ende des 2. Weltkriegs. Dafür aber hatten sie sehr viel erlebt. Bombadements, Angst, Flucht, Hunger, einen Schiffsuntergang, Flüchtlingslager und Umsiedlung. Meine Familie mütterlicherseits stammt aus Ost-Preußen. Ein Teil der Familie fasst in Hamburg Fuß. Sie waren Lebensmittelhändler, Krämer. Drei Brüder aus Ostpreußen, allesamt ehemalige Wehmachts-Soldaten, besaßen je einen Tante-Emma-Laden, wie diese Art Lebensmittelgeschäfte einstmals hießen. Das Bild zeigt meine Oma und meinen Opa in ihrem Geschäft in der Peter-Marquardt-Straße am Schinkelplatz in Hamburg Winterhude.
Ich kenne sehr viele Geschichten aus der Zeit des 2. Weltkriegs. Mich hat das Thema immer fasziniert, ich habe praktisch alle Filme dazu gesehen und eine Menge Bücher darüber gelesen. Aber auch Geschichten von Augenzeugen gehört und zwar nicht wenige. Denn eine Zeit lang arbeitete ich als Krankenpfleger. Es war die Zeit, als die Kriegsgeneration alt wurde und krank und langsam starb. Und ich habe immer gut zugehört, wenn meine Verwandten vom Krieg berichteten.
Mein Opa: Vermisst. Meine Oma starb Jahre später an „gebrochenen Herzen“ als Witwe mit drei Kindern in einem „fremden“ Land. Die Linie väterlicherseits kenne ich nicht. Es ist zu vermuten, dass diese ebenfalls in einem Weltkrieg traumatisiert wurde, aber das entzieht sich meiner Kenntnis. Meinen Vater ist irgendwann verschwunden, auch er Vollwaise. Das ist „meine Geschichte“ Unsere Mütter, unsere Väter. Sie ist natürlich viel umfangreicher und komplexer und an dieser Stelle fehl am Platze.
Die Wundern dieser schlimmen Zeit verheilen nur langsam. Jede neue Generation ist ein Sieg des Lebens über den Tod. Doch wir müssen sehr genau verstehen, wer wir sind und was gewesen ist mit unseren Müttern, unseren Vätern – oder in meinem Fall: Unseren Großmüttern und Großvätern. Und deren Eltern. Die Geschichte der Gewalt und der Traumen reicht viele Generationen zurück, Kriege gab es wahrlich genügend. Um den Kreislauf zu durchbrechen, wie es uns offenbar in West-Europa gelungen ist, ist es wichtig zu erzählen, zuzuhören und zu reden über das was war.
Der Film Unsere Mütter, unsere Väter unbedingt empfehlenswert.
Website auf ZDF.DE Unsere Mütter, unsere Väter