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Heinz Strunk

Der Goldene Handschuh – Heinz Strunk erzählt die Geschichte des Hamburger Frauenmörders Fritz Honka

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Ab Mitte der 70er-Jahre, nachdem in der Stadt bekannt wurde, dass Hamburg einen echten wahnsinnigen Frauenmörder hat, der seine Opfer grausam zerstückelte und nun in Ochsenzoll einsitzt (gemeint ist das forensische Psychiatrie des Krankenhauses Ochsenzoll), was sein Name für uns Kinder Synonym wird Schrecken und dunkle Bedrohung, der „schwarze Mann“ hatte einen Namen: Honka! „Dann kommt Honka“, riefen wir uns hinterher, wenn wir uns einen gemeinen Streich spielen wollten oder jemanden erschrecken wollten. Und Honka, der gefährlichste Mörder, den wir Kinder uns überhaupt vorstellen konnten, zerstückelt dich. Ein kalter Schauder lief uns Kinder nicht nur den Rücken hinunter. „Honka“ war ein geflügeltes Wort und jeder in Hamburg kannte den Namen dieses kranken Mörders. Honka, das klingt schon so krank, das klingt wie Henker, wie das Grauen schlechthin. Über dessen Leben und seine Morde hat der Hamburger Autor und Humorist Heinz Strunk jetzt ein Buch geschrieben: Der goldene Handschuh!

Zunächst einmal ist es eine große Überraschung, dass sich jemand wie Heinz Strunk eines solchen Themas annimmt. Ich habe Fleisch ist mein Gemüse und andere Bücher von ihm nicht gelesen, kenne den Mann nur aus der Hamburger Szene, den Theateraufstand von 2010 und aus dem Fernsehen. Doch wie mir eine Freundin und vor allem Jürgen Kaube in seinem sehr erhellenden F.A.S.-Artikel (siehe unten) erklärte, finden sich in Werk und Person des humoresken und teils sehr albernen Autors Strunk etwas Abgründiges. Ich muss zugeben, dass ich Strunk nicht mag, ich finde ihn nicht sehr witzig, obwohl er geniale Ideen hat. Aber er ist nicht mein Typ und dazu habe ich ihn zu oft besoffen auf der Bühne gesehen (auf YouTube, im Fernsehen oder Live). Oder ist der so? Keine Ahnung.

Fritz Honka und der Handschuh – Elend, Suff und Verwesungsgestank

Der „Handschuh“ ist unbedingt lesenswert und toll geschrieben, das Thema ein Glücksgriff. Obwohl es einige Bücher über Frauen- und Serienmörder gibt – ja ein ganzes Filmgenre – ist der Ansatz von Hein Strunk neu. Er dringt tief in den Alltag des Fritz Honka Mitte der 70er-Jahre ein. Strunk entwickelt ein Psychogramm eingebettet in die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Geschichte, eingebaut in den Kult um den Alkohol. Zum Goldenen Handschuh ist eine Kultkneipe, von denen es auf St. Pauli noch so einige gibt. In diesem Kultkneipen gibt es immer nur einen Herrscher: König Alkohol. Was der mit Menschen macht, darüber handelt – auch – dieses Buch.

Wie kommt Strunk zu diesem Thema? Das wäre mal eine spannende Frage, die ich bisher nicht beantworten kann. Ist es der Suff, der Strunk so fasziniert, weil er von Berufs wegen – als Autor und Musiker – ständig damit zu tun hat. Wer säuft denn am Meisten: Kreative, Künstler, Autoren, Musiker. Was also treibt einen Humoristen zu einem solchen grauenhaften Thema aus Elend, Suff und Verwesungsgestank? Honka war doch längst vergessen im Dunkel unserer Kindheit. Wir haben ganz andere Probleme in Hamburg, als vergessene Serienmörder und den Kiez aus den 70er-Jahren. Oder ist es das alte, „nostalgische“ Hamburg, wie wir es z.B. in Klaus Lemkes Rocker noch sehen können? Der alte, schmuddelige Kiez in seiner alkoholischen Verkommenheit? Die Abgründe aus Psychopathologie, Alkoholismus und Gewalt? Einer wie Heinz Strunk lebt ja direkt am kreativen Puls der Stadt. Was fasziniert ihn also an diesem alten Thema und wie kommt er auf Fritz Honka?

Der Frauenmörder von St Pauli – Fritz Honka

Der Goldene Handschuh von Heinz Strunk ist nominiert für den Leipziger Buchpreis 2016

handschuh buchcoverDas Buch ist absolut lesenswert und ein unbedingter Tipp. Es dringt tief ein in diese alten Abgründe, die eine seltsame, magische Faszination ausüben. Vielleicht ist es diese eigenartige Faszination, der Strunk bei dem Thema erlegen ist. Man muss es sich auch trauen, sich darauf einzulassen und das zeichnet einen brillanten Autor eben aus: Der Riecher für ein außergewöhnliches Thema, das, gut aufbereitet, viele interessiert.

Nun ist es sicher aus, dass dieses Thema – der Hamburger Serienkiller Fritz Honka und der goldene Handschuh – von einem anderen Autor aufgegriffen und beschrieben, sicher nicht ein solches Medienecho gefunden hätte. Der Erfolg und die mediale Aufmerksamkeit sind ohne den Autor Heinz Strunk nicht denkbar. Die Nominierung für Leipziger Buchpreis 2016 folgerichtig und nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass Strunk den Preis erhält, gleichsam die wichtigste Auszeichnung für ihn als Schriftsteller.

Wer mich kennt, darf mir trauen: Lest das doch, es lohnt sich. Ich bin fasziniert und muss gleich weiterlesen. Es packt einen, hat einen zweiten Handlungsstrang, es ist große Unterhaltung und große Kunst. Als Hamburger, so meine ich, muss man es gelesen haben, als Krimifan, Strunk-Fan, als Literaturfreak und Leseratte ist Der Goldene Handschuh ein Muss. Und deshalb will ich gar nicht so viel aus dem Inhalt berichten oder die andere oder andere Machart, stilistische Schwächen oder Satzkrüppel bemängeln. Denn die sind vernachlässigbar. Ich empfehle den schon erwähnten und unten verlinkten FAZ-Artikel von Jürgen Kaube. Ansonsten zitiere ich den offiziellen Text:
Strunks Roman taucht tief ein in die infernalische Nachtwelt von Kiez, Kneipe, Abbruchquartier, deren Bewohnern das mitleidlose Leben alles Menschliche zu rauben droht. Mit erzählerischem Furor, historischer Genauigkeit und ungeheurem Mitgefühl zeichnet er das Bild einer Welt, in der nicht nur der Täter gerichtsnotorisch war, sondern auch alle seine unglücklichen Opfer. Immer wieder unternimmt der Roman indes Ausflüge in die oberen Etagen der Gesellschaft, zu den Angehörigen einer hanseatischen Reederdynastie mit Sitz in den Elbvororten, wo das Geld wohnt, die Menschlichkeit aber auch nicht unbedingt. Am Ende treffen sich Arm und Reich in der Vierundzwanzigstundenkaschemme am Hamburger Berg, zwischen Alkohol, Sex, Elend und Verbrechen: Menschen allesamt, bis zur letzten Stunde geschlagen mit dem Wunsch nach Glück.

Der goldene Handschuh
Roman von Heinz Strunk
256 Seiten, Rowohlt 2016
EUR 19,95

Siehe auch:

Titelbild: Hein Strunk, Copyright Dennis Dirksen

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