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Taylor Mac bei den Lessingtagen im Thalia Theater

Taylor Mac bei den Hamburger Lessingtagen im Thalia

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Ich hatte von dem us-amerikanischen Theatermacher Taylor Mac zu den Lessingtagen im Hamburger Thalia-Theater noch nie gehört. Mit Preisen und Lob soll er überschüttet worden sein, was ich erst bei der Einführung im Theater erfuhr.

Ich hatte nichts recherchiert und mich einfach auf das Spektakel eingelassen, wie ich es sehr mag.

Ich fand die gesamte Show samt Bühnenbild, Kostümen, Band und Songauswahl so gut, dass ich mich umgegeben fühlte von der Quintessenz amerikanischer Kultur. Beispielsweise bekam ich den Eindruck, dass Taylor Mac aus Kalifornien stammen müsste (was der Fall ist) und in New York Karriere machte (er zog 1994 an die Ostküste). Das hat sich mir durch ihn und seine Show vermittelt.

Die amerikanische Kultur ist sehr reich ein brillanten Menschen, Künstlern und an Geschichte(n). Natürlich mit viel Leid durch die Eroberungen, die Sklaverei und die Kriege. Aber eben auch durch die Musik, die Shows, das Kino und die Legenden. All das und noch viel mehr schwingt mit, wenn Taylor mit mit seiner tollen Band die Songs singt, von denen man manche kennt und andere noch nie geöhrt hat.

Taylor Mac „People have the Power“

Eindrucksvoll seine Kostüme und sein Kostüm-Designer. Aber auch seine politischen Statements: „Just follow the queers, that all you have to do“, um die Macht zurückzugewinnen (take the power back to the people). Ja, die queere Bewegung hat sehr viel bewegt und bewirkt, und ist urdemokratisch und zutiefst menschlich. Das hatte er wohl gemeint. Dennoch fühle ich mich bei diesem Spruch – take the power back to the people! – an Donald Trump erinnert, der damit etwas ganz anderes meinte. Aber an diesem Abend war nicht die Zeit, tiefer in diese Thematik einzutauchen.

Beindruckend auch, als Taylor Mac dazu aufforderte, dass alle Männer zwischen 17 und 49 Jahren aus dem Publikum auf die Bühne kommen sollte. Das taten auch die meisten. Taylor Mac hat eingangs dazu aufgefordert für sich selber Verantwortung zu übernehmen und nichts zu tun, was man nicht tun möchte. Er kann das nicht machen, weil er die Menschen nicht kennt und für sich selber verantwortlich ist. Sehr schön.

Die Männer wurden also eingezogen. Mir erschloss sich nicht, zu welchem Krieg das so war? War es der Bürgerkrieg? Der 1. Weltkrieg? Der 2.? Ja, er sagte, um gegen uns, das Publikum, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Also vielleicht doch der 1. Weltkrieg. Es war beeindruckend. Doch satt Sentiment und kluger Rede wurde performt. Die Männer sollten einfach nachmachen, das Tylor May ihnen vorturnte. Das war klasse!

Taylor Mac: A 24-Decade History of Popular Music

Ich mag das sehr, das Politisch, das dezent, humorvoll Politische. Das hat dieser tolle Theatermacher bravourös auf die Bühne gebracht. Und ich habe mir noch etwas notiert: Taylor Mac erzählte, dass er geträumt hatte, die russischen Soldaten an der Front in der Ukraine legten die Waffen nieder, zögen ihre Uniformen aus und liefen nackt zurück nach Hause nach Russland, wo sie von ihrem Familien herzlich empfangen werden …

Wir wissen, dass Putin und der Patriarch Kyrill auch gegen, wie sie es nennen, „Schwulenparaden“ im Westen kämpfen. Frieder aber geht anders, das zeigt diese grandiose Show sehr deutlich: Mit Erinnerung, Geschichte und Geschichten, mit Musik, Lebendigkeit, ganz viel Humor, mit Feiern und einem Austausch aller Kultur – ob über die Landesgrenzen oder die inneren Grenzen.

Aporpos Humor: Grandios dabei auch die Ausgabe der Tennisbälle, mit denen sich das Publikum dann bewerfen sollte. Die Bälle befanden in großen Papiertüten, die durch die Theaterreihen gereicht wurden und aus denen sich jeder einen Ball nahm. Das war während eines Songs und es hörte sich wie Regen an. Das Thema war, dass man gerne anderen die Schuld gibt und andere anprangern solle, dass der falsch sei, schuldig und sich schämen sollte. Jeder sollte dabei auf einen anderen zeigen – und am Ende auch auf sich selbst. Dann nimmt man seinen Ball und bewirft den anderen damit. Und alle sich gegenseitig und jeder zeigt auch auf sich selber. Grandioses Mitmachtheater. Ein Heidenspaß mit einem ernsten Hintergrund. Aber wenn man nicht über sich und über die Menschen lachen kann – dann wird es bitter, hart und unerträglich.

Die Tennisbälle fliegen durch den Theatersaal im Thalia – alle beschuldigen sich gegenseitig bei Taylor Mac

Taylor Mac’s A 24-Decade History of Popular Music

von und mit Taylor Mac

Gefeiert als eines der spektakulärsten Theaterereignisse des Jahrzehnts, kommt das ursprünglich 24-stündige Werk nun in einer eigens für Hamburg geschaffenen Abendversion ans Thalia Theater: ein ausgelassener Crashkurs in amerikanischer Kultur und queerer Grandezza. Unglaublich unterhaltsam, opulent und verblüffend, nutzt die Show Elemente aus Musical, Kabarett, Burlesque und Drag und zitiert in einem interaktiven Happening verschiedene Musikstile und künstlerische Stimmen, von Mörderballaden bis Disco, von Walt Whitman bis David Bowie. Die Auswahl der Songs wird der international preisgekrönte Taylor Mac speziell auf die Geschichte und DNA der Stadt zuschneiden.

Musikalische Leitung: Matt Ray
Mit Matthew Flower, aka Machine Dazzle und dem Hamburger Shantychor WINDROSE
Am 10. und 11. Februar bei den Lessingtagen 2023

Thalia Theater

Alstertor, 20095 Hamburg

Shantychor WINDROSE im Thalia Theater bei den Lessingtagen: De Hamborger Veermaster

Wer diese Show verpasst hat, dem ist leider nicht zu helfen. Danke Thalia!

Taylor Mac’s A 24-Decade History of Popular Music – Trailer | Thalia Theater

Titelbild: (C) Fabian Hammerl

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