ANTHROPOLIS: Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg feiert preisgekrönte Antiken-Serie über Theben
Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg hat mit seiner beeindruckenden fünfteiligen Inszenierung „ANTHROPOLIS I-V“ einen der begehrtesten Theaterpreise des deutschsprachigen Raums gewonnen. Bei der feierlichen Verleihung des Nestroy-Theaterpreises 2024 wurde die Produktion als „Beste Aufführung im deutschsprachigen Raum“ ausgezeichnet. Diese Würdigung ist nicht nur eine Ehre für das Ensemble und das gesamte Team, sondern unterstreicht auch die Bedeutung dieses außergewöhnlichen Projekts.
Unter der Regie von Karin Beier, der Intendantin des Schauspielhaus Hamburg, wurde „ANTHROPOLIS“ zu einer intensiven Reise durch die Geschichte der antiken Stadt Theben. Basierend auf den Tragödien der Thebanischen Sagenwelt, hat der Autor Roland Schimmelpfennig die Geschichten von Laios, Ödipus, Antigone und anderen mythischen Figuren neu interpretiert und für die Bühne adaptiert. Diese Serie ist mehr als nur Theater – sie ist ein monumentales Gesamtkunstwerk.
Eine Reise in die Welt der Antike
Die Serie besteht aus fünf Theaterstücken, die zusammen eine epische Saga über Macht, Schuld, Familie und den Untergang einer Stadt erzählen. Dabei sind die einzelnen Inszenierungen eigenständige Werke, die gemeinsam jedoch ein umfassendes Bild von Theben und seinen mythischen Bewohnern zeichnen.
- Prolog/Dionysos: Die Reise beginnt mit einer Einführung in die Mythologie und die zentrale Rolle des Gottes Dionysos, der in der griechischen Tragödie als Symbol für Ekstase, Wahnsinn und Zerstörung steht. Er ist das Bindeglied zwischen den Geschichten und das personifizierte Chaos.
- Laios: Die zweite Episode widmet sich den Taten von Laios, dem ersten König von Theben. Seine Verfehlungen und seine Hybris legen den Grundstein für die Tragödien, die über Generationen hinweg die Stadt heimsuchen werden.
- Ödipus: Im dritten Teil steht die bekannteste Geschichte der griechischen Mythologie im Mittelpunkt: König Ödipus, der unwissentlich seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet, bringt durch diese Verbrechen einen Fluch über die Stadt.
- Iokaste: Der vierte Teil beleuchtet das Schicksal von Iokaste, der Mutter und Ehefrau von Ödipus. Ihre Perspektive ergänzt die bisherigen Geschichten und offenbart die tiefe Tragik ihrer Rolle im thebanischen Drama.
- Antigone: Das Finale der Serie widmet sich Antigone, die bereit ist, alles zu riskieren, um ihrem Bruder eine würdige Bestattung zu ermöglichen. Ihre Geschichte ist eine der ersten feministischen Erzählungen der Literatur und beleuchtet die Konflikte zwischen Gesetz und Moral.
Theater als Spiegel der Gesellschaft
Die Inszenierung von „ANTHROPOLIS“ ist weit mehr als eine Reise in die Vergangenheit. Sie greift zeitlose Themen auf, die heute ebenso relevant sind wie in der Antike: Machtmissbrauch, familiäre Konflikte, gesellschaftlicher Wandel und die Frage nach persönlicher Verantwortung. Durch die zeitgenössische Übersetzung und Bearbeitung von Roland Schimmelpfennig entsteht eine Brücke zwischen den Ursprüngen der westlichen Kultur und den Herausforderungen der Gegenwart.
Die aufwendigen Bühnenbilder, die intensiven Darstellungen der Schauspieler:innen und die kluge Regie von Karin Beier machen „ANTHROPOLIS“ zu einem Erlebnis, das weit über die Grenzen Hamburgs hinaus Beachtung gefunden hat. Nicht umsonst wurde das Stück auch bei der jährlichen Kritiker:innen-Umfrage des Magazins „Theater heute“ mehrfach ausgezeichnet.
ANTHROPOLIS gewinnt Nestroy-Theaterpreis
Der Nestroy-Theaterpreis, der seit dem Jahr 2000 verliehen wird, ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Theaterproduktionen im deutschsprachigen Raum. Dass „ANTHROPOLIS“ in der Kategorie „Beste Aufführung im deutschsprachigen Raum“ ausgezeichnet wurde, ist ein weiterer Beweis für die außergewöhnliche Qualität dieser Serie. Besonders beeindruckend ist, dass Karin Beier mit ihrer kurzen, prägnanten Dankesrede auch noch den „Mini-Nestroy“ für die kürzeste Ansprache des Abends erhielt.
Ein Marathon für Theaterliebhaber:innen
Die Inszenierung ist ein wahres Mammut-Projekt: Insgesamt dauert die Aufführung aller fünf Teile neun Stunden. Die Serie wird an sogenannten Marathon-Wochenenden gezeigt, bei denen die Zuschauer:innen die Möglichkeit haben, alle Stücke an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu erleben. Neue Termine für diese besonderen Events wurden soeben veröffentlicht und versprechen ein einzigartiges Theatererlebnis.
Für Theaterliebhaber:innen, die sich für antike Geschichten und moderne Interpretationen begeistern, ist „ANTHROPOLIS“ ein absolutes Muss. Die Inszenierung zeigt eindrucksvoll, wie relevant und bewegend die Themen der griechischen Tragödie auch heute noch sind.
Mehr dazu: Das Hamburger Theaterereignis aus SON