Facebook – rausgeschmissen und deleted
FACEBOOK hat mein Profil blockiert, lässt mich nicht mehr mitmachen, hat mich kurzerhand rausgeschmissen. Ein solcher Vorgang wird weder nachvollziehbar gerechtfertigt, noch ist er angeblich rückgängig zu machen. Für FACEBOOK ist der Fall sehr schnell erledigt. Dabei hatte ich in diesem Social Network nichts weiter getan, als Freunde zu sammeln. Offenbar zu schnell zu viele. Bitter ist es aber vor allem für die von mir betriebenen Facebook-Seiten von SOMMER IN HAMBURG, PAPALAPAPI und dem HAMBURGER SPENDENPARLAMENT.
Um es gleich ganz klar zu machen: Ich bin überhaupt kein Freund von Online-Communitys und sogenannten SOCIAL NETWORKS. Es sind Timeburner. Obwohl sie sicher hier und dort einen konkreten Nutzen haben, so verbrennen sie in allererster Linie wertvolle Lebenszeit. Doch da man insbesondere an FACEBOOK – Twitter und Xing – nicht vorbei kommt, mische ich dort kräftig mit.
Ich nutze diese Netzwerke hauptsächlich aus beruflichen Gründen. Ich versuche dort Website-Besucher zu gewinnen, nutze es also zum Marketing. So kam es, dass ich auf FACEBOOK versucht, viele Freunde zu sammeln und scheute mich nicht, großzügig Freundesanfragen zu verschicken. Wenn dies in einer gewissen Geschwindigkeit geschieht, wertet FACEBOOK dieses Verhalten als Belästigung oder Spam. Man erhält eine Warnmeldung und kann diese Freundschaftsanfragen nur verschicken, wenn man sogenannte Captchas ausfüllt. Wie erlang man Reichweite mit einem Angebot, dass dem Mainstream und dem weitestgehend unerträglichen aktuellen Journalismus entgegen steht?
Ich dachte hier natürlich, gut, da wollen sie ausschließen, dass Maschinen, also Software, sogenannte Facebook-Anwendungen die Freundschaftsanfragen automatisch ausführen und glaubte, mit der Eingabe der Captcha-Wörter seit der Fall erledigt. Ein Irrtum, wie sich jetzt herausstellt. Nur, wer ließ schon die komplexen und langen Nutzungsbedingungen von FACEBOOK wirklich durch? Andererseits: Das FACEBOOK mit den personenbezogenen Daten und insbesondere mit den Mail-Adressen Unfug treibt, steht für mich außer Frage. Aber das ist ein anderes Thema.
Und ich erinnere mich an die allererste re:publica 2007, als diese noch Bloggerkonferenz hieß und nicht Social Media Dingsbums. Dort hieß es aus berufenem Munde und in Erinnerung eines großen Philosophen, dass die Vorraussetzung für Erfolg und Lebensgrundlage „der Besitz der Produktionsmittel“ wäre. Und dem ist so. Denn jetzt sind alle Bilder und alle Inhalte meines gelöschten Facebook-Account für mich verloren. Das habe ich nun endgültig begriffen: Es kommen keine relevanten Inhalte oder Bilder mehr in diese Art Netzwerke, sondern allenfalls auf „meinen“ Webspace“ bzw. in meine Website. Bei doppelter Sicherung (Backup).
Heutzutage geht sogar so weit, dass man denkt SOCIAL MEDIA hat etwas mit sozialem Engagement zu tun. Der geschickte Marketing-Begriff SOCIAL oder SOZIAL soll Harmlosig- und Menschenfreundlichkeit signalisieren. Am Ende kommt alles durcheinander. Sogenannte Social-Media-Experten diskutieren öffentlich, ob der Begriff des Freundes und der Freundschaft durch Dienste wie Facebook nicht völlig neu definiert werden. Sie meinen damit, dass der Einfluss vom ehemaligen Web 2.0 so weit geht, dass es die Qualität von Freundschaften definiert. Das ist natürlich Hirnwichserei und kompletter Unfug. Es wirft aber ein Licht auf die Business-Männer hinter diesen Netzwerken. Mit Garage hat das nichts mehr zu tun – eher mit Turbo-Kapitalismus. Und der nennt sich dann SOCIAL.
In meinem Fall ist es so gelagert, dass die meisten meiner echten – was meint: offline – Freunde nichts, aber wirklich so richtig gar nichts mit Netz und Netzwerken, mit dem Internet und den Social Network Diensten zu tun haben. Was nun? Im Netz wäre ich damit ein MOF, ein „Mensch ohne Freunde“. In der einzig lebenswerten Realität schielt vielleicht jemand auf meine 1000 „Freunde“ in FACEBOOK oder meine 6000 Follower bei Twitter und verwechselt das mit Qualität, Kompetenz und Relevanz. Sie wissen nämlich nichts von diesen gigantischen Bedeutungslosigkeit, die in diesen Netzwerken ausgetauscht werden, diese schmerzhafte Oberflächlichkeit und Verflachung, dieser immer gleiche Trieb, sich zu Horden und Stämmen zusammenzuschließen und Inzest zu treiben.
Am Ende ist sogar der Hype um das „Network-Marketing“ übertrieben. Das man Angebote und Website über das Netz und damit auch über die Social Networks bekannt machen kann, liegt in der Natur der Sache. Aber dass es richtig tolles Social-Media-Marketing gibt oder geben kann, wenn man nur kreativ genug ist, ist wieder so eine wundersame Mär. Man verdient mehr an und mit diesen Behauptungen, als über Facebook.
Nun sind ja manche seltsamen Leute tatsächlich in FACEBOOK um sich nur mit ihren Freunden zu verlinkbaseln und niemand soll ihr Königreich betreten dürfen. Insbesondere Frauen reagieren hier auf eine Freundschaftsanfrage mit:
„Sorry, kennen wir uns …?“
„Nee. Nur FACEBOOK. Ok?“
„Weißt, es tut mir wirklich leid, aber ich nutze FACEBOOK wirklich nur für Freunde. Nimms mir nicht übel aber …“
Lange Sätze verschiedener Erklärungs- und Rechtfertigungsansätze. Meist sind es jüngere Frauen, die einen gewissen Rede-, Schreibe- und Rechtfertigungsbedarf anmelden, dabei würde es völlig ausreichen, ja oder nein zu stimmen, meine Freundschafgtsanfrage bestätigen oder ablehnen. Nein, es wird gelabert und gelabert, so dass ich ein Mädel des Spammen bezichtigen musste …
Aber was nützt mir ein „soziales Netzwerk“, wenn ich es nicht um spannende Menschen, die ich vielleicht erst auf diese Art kennen lernen kann, erweitern kann, wenn ich nur immer im eigenen Saft schmore und keinen Blick über Tellerrand werfen mag? Viele Menschen sind so, das ist für mich schwer zu akzeptieren, da ich stets recht freimütig und offenherzig an alles herangehen – doch immer versuche, Grenzen und Wünsche anderer zu respektieren.
Nun hat man also aus Sicht des Betreibers zu schnell zu viele Freundschaftsanfragen abgesetzt und wird gesperrt. Aber es war ja nicht so, dass die meisten User meine Anfragen abgelehnt hatten, im Gegenteil. Wäre das nicht ein Hinweis für FACEBOOK, das alles mit rechten Dingen zu geht? Außerdem hatte ich meine Aktivitäten nach dem 1000sten Friend schon deutlich gedrosselt. Doch auf der rechten Seite neben meiner Timeline werden mir ständig neue Freunde vorgeschlagen, die ich gar nicht kenne. Wie passt das zusammen? FACEBOOK will doch, dass ich mich mit fremden Menschen anfreunde. Und für mich ist das ganz normal, wie im richtigen Leben. Doch FACEBOOK ist nicht das richtige Leben. Und deswegen passt das Eine nicht zum Anderen …
Wie dem auch sei, ich habe also neue Seiten und ein neues Profil angelegt.
Freundschaft anfragen: Mark von Gestern auf Facebook
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Fotos: Gisela Giardino, Dierk Schaefer, foxspain, Mene Tekel