Vancouver und Hamburg – Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit in Kanada und Deutschland
Auf den ersten Blick vielleicht nicht gleich sichtbar, aber Hamburg hat einiges gemein mit der Olympia-Stadt Vancouver. Heute starten wir ein Special über Vancouver und erfahren einige spannende Facts über diese Perle der nachhaltigen Stadtplanung an Kanadas Westküste. Geschrieben von einer Insiderin in Zusammenarbeit mit SOMMER IN HAMBURG.
Ein Vergleich mit der aktuellen kanadischen Olympia-Stadt Vancouver und Hamburg liegt auf der Hand. Vancouver wie Hamburg sind Küstenstädte, haben eine sehr hohe Lebensqualität – gehören mit zu den weltweit lebenswertesten Städten – haben ein überreiches Sportangebot, sind bekannt für ihre Musik-Szene, haben ein recht ähnlichen Klima und Naturschutz, Stadtplanung sowie Nachhaltigkeit sind in beiden Millionenstädten wichtige Themen.
Wie sich erfahren lässt, gibt sich Vancouver „nicht mit ein paar hübschen Straßen und ökologischen Gebäuden zufrieden. Die Stadt möchte ein ganzes Nachhaltigkeitsviertel bauen!“ Hamburg kann sich da ganz sicher eine Scheibe abschneiden, ist die Hansestadt doch 2011 Europäische Umwelthauptstadt (European Green Capital).
Das Olympia-Dorf in Vancouver soll nach der Olympiade zu einem Muster-Städchen umgestaltet werden. „Das Dorf wird in (für viele Einkommensgruppen erschwingliche) Wohnungen, Büroräume und Geschäfte mit reichlich Grünflächen umgewandelt, samt Parkanlagen, Gärten und grünen Dächern. Gemäß dem Ziel, die Stadt vor den Autos zu retten, legen die Stadtplaner Fußwege und Straßen so an, dass Fußgänger an erster Stelle kommen, Fahrradfahrer an zweiter, dann der öffentliche Nahverkehr (mit einem reichhaltigen Angebot) und zuletzt Autos.“ Apropos Autos: In der Hansestadt Hamburg inhalieren die Jogger rund um die Alster geradezu fanatisch die Abgase der Stadt … um danach im Auto zum Warm-Duschen durch den Stau nach Hause zu trödeln.
Wie es in dem schon erwähnten wundervollen Buch „World Changing – Das Handbuch der Ideen für eine bessere Zukunft“ heißt, wurde im West End, dem dichtesten Stadtviertel in Vancouver, alles „mit Blick auf den Menschen gebaut, damit Fußgänger sich darin wohlfühlen.“ Ein solcher Satz ist für Hamburg heutzutage geradezu beschämend. Doch der Bericht fährt fort: „Anstelle von großen, ununterbrochenen Blöcken wechseln sich Komplexe für geringere Einkommensgruppen mit luxuriösen Bauten ab, und sie sind architektonisch so angelegt, dass sie von den umliegenden Gebäuden kaum zu unterscheiden sind“. St. Pauli lässt grüßen. Und es heißt weiter, dass die Stadträte von Vancouver nach weiteren Möglichkeiten suchen, „die Abhängigkeit vom Auto abzubauen“. An dieser Stelle hat Hamburg fast nur die freiwilligen autofreien Sonntage in die Waagschale zu werfen. Aber was heißt nur? Immerhin!
Die Hamburger haben traditionell, ganz ähnlich wie die Nordamerikaner, einen sehr pragmatischen und freiheitsliebenden Charakter. Dieser scheint aber in der Hansestadt irgendwie flöten gegangen zu sein, wird unser Hamburg offenbar pö-a-pö an den höchstbietenden verschachert, die Mieten in der inneren Stadt immer unerschwinglicher. Gegen diese Einseitigkeit scheinen denn auch nur linke Gruppierungen zu protestieren, die durch ihre ideologischen Scheuklappen eigentlich nur die andere Seite des „Hamburger Jedermann“ spiegeln. Vielleicht ist das überall auf der Welt ähnlich. Aber Vancouver ist wenigstens mit Nachhaltigkeit und Stadtplanung in den Medien – was immer auch davon stimmen mag
Wie also gestalten wir eine Stadt nachhaltiger und lebenswerter? Das erwähnt Buch wird hier erfreulich konkret und zieht am Beispiel Vancouver einige Lehren für die Stadtplanung:
„Die Stadt sollte Unternehmen beauftragen, die es als Privileg betrachten, ein profitables, großes Gebäude im Zentrum zu errichten, und darauf bestehen, dass die Öffentlichkeit davon profitiert. Die Stadtentwickler sollten verpflichtet werden, öffentliche Parks oder Grünflächen in ihre Pläne aufzunehmen und Programme wie den sozialen Wohnungsbau finanziell Unterstützen.“
Tja, in unserer kalten Heimat sieht die Sache leider ganz anderes aus. Die skandalösen Geschichte um Ikea in Altona, der Beinahe-Ausverkauf alter Hamburger Identität (Gängeviertel), de kurzen Prozess im Buchenhof-Wald in Altona, die unsägliche neue Skyline in St.Pauli, die arrogante Perlenkette an der Elbmeile zwischen Neumühlen und Fischmarkt u.v.m. werfen ganz dunkle Schatten auf unser geliebtes Hamburg.
Deshalb wollen wir uns in den nächsten Tagen an dieser Stelle anschauen, wie es vergleichbare Städte in der Welt machen. Und da Vancouver gerade aktuell ist, schauen wir uns diese ungewöhnliche Metropole in British-Columbia mal ein Stück weit von innen an.
Wer noch andere spannende Beispiele weiß, nennt sie dann bitte in den Kommentaren.
Weblink: http://vancouver.ca
Visumfür Kanada: www.kanadavisum.com
Zitate aus dem empfehlenswerten Buch:
WorldChanging – Das Handbuch der Ideen für eine bessere Zukunft
Auszüge daraus unter dem Titel Perle der nachhaltigen Stadtplanung
Nachhaltigkeitsrat Deutschland: www.nachhaltigkeitsrat.de/
Kreatives Vancouver zeigt sich in diesem Video. Der Grund für diesen Clip ist eine Webcam-Software, mit der man diese Effekte am Mac machen kann: See Last Minute Blog, Vancouver
Foto: Jason V, Jon Rawlinson, Zach Dischner, Tomasz Konefal