The Rolling Stones in Hamburg: Muss man da hin?
Die Frage hat sich im Mai 2017 schon erübrigt. Ob man die Rolling Stones auf der Hamburger Stadtparkwiese sehen will oder nicht, spielt keine Rolle mehr, denn die Tickets für Normal-Sterbliche sind verblichen. Ausverkauft, mit Ausnahme der VIP- und Premium-Tickets ab 549,- Euro. Wer sich noch nie was gegönnt hat und die gesichtsälteste Band der Weltgeschichte noch einmal sehen will, der sollte jetzt zuschlagen. Aber was machen wir anderen?
Auf Facebook und Instagramm, in den „sozialen Medien“ begegnen einem immer wieder Bilder, auf denen Girls frech ihre Zunge rausstrecken. Na ja, frech. Das soll frech sein, wenn man gerade mal die Zungenspitze zeigt? Das ist dämlich, aber nicht frech, feige, aber nicht sexy. Ganz anderes das unvergleichliche Wahrzeichen der Rolling Stones, die rausgestreckte Zunge, der lange Lecker, der einem weit geöffneten, roten Mund entgegenschleckt. Das ist Rock´n Roll. Oder war es jedenfalls mal.
Heute kann sich echten Rock´n Roll kaum noch einer leisten. Its only Rock´n Roll but I Like it. Bis vor kurzem dachte ich noch, ich ziehe mir die Stones auf der Hamburger Stadtparkwiese für 45 Glocken rein. Aber ich bin mit dem Markt gar nicht mehr Vertraut, sind diese Massenkonzerte so richtig gar nicht meine Sache. Ich finde die überhaupt nicht Rock´n Roll. Doch es wären nicht die Rolling Stones, wenn sie es nicht vom Lebendigen nehmen würden. Das Ticket kostete locker das doppelte und war kaum zu ergattern. In Nullkommanichts waren die Karten ausverkauft. Nur noch die VIP- und Premium Tickets zwischen 500 und 1300,- Euro waren Mitte Mai noch zu ergattern.
Ist das also der gute alte Rock´n Roll, unbezahlbar, unglaublich alt, proppenvoll und nur von den Preisen her frech und aufmüpfig? Ich werde also nicht hingehen und rechne damit, dass außerhalb der Stadtparkwiese der Park randvoll mit allen Hippies, pensionierten, Zahnärzten, Wilderlederfransen und Grillpartys ist, um auf diese Weise wenigstens in Hörweite irgendwie dabeigewesen zu sein? Oder wird man die Stones beim An- und Abfahen sehen können? All das werden sicher sehr viele Hamburger herausfinden wollen.
Wir schwelgen derweil in Erinnerungen und ziehen uns Jaggers wohl berühmtestes Zitat rein:
„I’d rather be dead than singing Satisfaction when I’m forty-five.“Mick Jagger
Die „Jungs“ sind schon alles über 70. Und sie sind wirklich zu bewundern. Mick Jagger ist fit wie ein Turnschuh. Und Keith Richard ist so alt im Gesicht, wie noch nie ein Mensch vor ihm geworden ist. Dass Charlie Watts seit über 50 Jahren immer noch so schlecht Schlagzeug spielt, das muss man erst einmal hinkriegen. Und dass Ron Wood die ganze Zeit über mit derselben Frise die Band verschönert ist und ansonsten einfach mitschraddelt. Und vor allem, dass sie alle überlebt haben und überhaupt so alt geworden sind. Werden sie uns auch noch in 10 Jahren beglücken? Ganz unwahrscheinlich ist das nicht. Doch, es ist bewundernswert. Vor allem Mick, den wir hier beim Exercise zusehen dürfen.
Mick Jagger training„Früher habe ich mich mit Drogen und anderen schlimmen Sachen vollgepumpt. Heute gehe ich lieber mit einem schönen Mädchen ins Bett.“
Mick Jagger, The Rolling Stones, Stern Nr. 13/1983, S. 5
Die Preise sind … wucher und nicht zu rechtfertigen. Wer so bescheuert ist und das unterstützt, darf sich über nichts mehr wundern. Stellt euch vor es ist Stones und keiner geht hin. Gibts doch alles auf Youtube oder auf DVD. Für 80,-/100,- die Opas auf der Open-Air-Leinwand sehen? Und stundenlang vor vollgepissten Dixi-Klos anstehen, nachdem ich Wucherpreise für die Getränke und die Bratwurst berappelt habe? Ja, leck mich doch am Arsch, für wie bescheuert halten die uns?
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