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Die Hamburger Bremer Stadtmusikanten

Die Bremer Stadtmusikanten in Hamburg

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An einem der ereignisarmen winterlichen Sonntagnachmittage stiefelten wir in Richtung Kindermärchen in einer Hamburger Kirche. Die Bremer Stadtmusikanten wurden gegeben, ein Klassiker der deutschen Hochkultur. Gut, es ist wie die anderen grimmschen Märchen voller Gewalt und Brutalität, aber das haben wir Erwachsenen längst verdrängt. Wir scheuen uns nicht, unsere Kinder mit diesem Stück der grausamen Realität auszuliefern. Doch hier erwartete uns ein sozialistischen Experiment.

Die Aufführung dieser Bremer Stadtmusikanten klang eigentlich ganz interessant. Deswegen sind wir ja hin. Es fand in einer Kirch statt und war für Kinder. Was willst du da falsch machen. Die Illustrationen auf den Flyern und Plakaten wirkten zwar recht finster, aber es gab Orgelmusik, einen Sprecher und, statt Theaterspielerei, Bilder einer Diashow. Die Zeichnungen erinnerten mich außerdem an die Zeichnungen David Roberts in Furcht erregende Darbietungen von Philip Ardagh, übersetzt von Harry Rowohlt und das war ein sehr lustiges Buch. Also: Was willst du da falschen machen? Nichts.

Die Geschichte wurde vom Sprecher, dem Schauspieler Hans-Christoph Michel tatsächlich hervorragend gesprochen. Der Text war sehr literarisch und hatte eine schöne Sprache. Zu Orgelmusik kann ich nicht viel sagen, sie ist halt Orgelmusik und gehört nun mal in eine Kirche. Aber die Bremer Stadtmusikanten waren kaum wiederzuerkennen. Sie erinnerten nur sehr entfernt an Esel, Hund, Katze und Hahn. Nein, tatsächlich, hier waren sie Menschen. Der Esel war ein Maurer, der aufgrund seines Alters von seinem Chef nicht mehr zu gebrauchen war; der Hund ein Postbote, der nicht mehr rasch genug die Brief austrug; die Katze sah nicht mehr gut und konnte deshalb ihrer Arbeit als Näherin oder Weberin nicht mehr nachgehen; und der Hahn war ein Punk, der eh abseits der Gesellschaft stand und nichts zu arbeiten hatte. „Die zeitgemäße Textfassung der Bremer Stadtmusikanten mit kleinen gesellschaftspolitischen Seitenhieben“ wanderte dann auch folgerichtig auf den Höhepunkt zu. Nämlich dem Sturm auf die Bastille.

Auf ihrem langen Weg nach Bremen, entdeckten die „Stadtmusikanten“ mitten im Wald ein Häuschen in dem noch Licht brannte. Wie konnte es anders sein, nicht Räuber, nein ein paar Bonzen mit ihren Frauen amüsierten sich bei einem Festmahl und hatten die Türen fest verrammelt. Und wir lernen: Wer sein Haus derart verschließt und niemanden reinlassen möchte, hat etwas zu verbergen und irgendwie Dreck am Stecken. Kapitalisten eben. Und Kapitalisten sind eben jener Menschenschlag, der altgediente Mitarbeiter entlässt, wenn sie keine Leistung bringen. Und deshalb darf man sie überfallen. So geschah es denn auch. Natürlich auf Art der Bremer Stadtmusikanten, die durch das Fenster stürzten und die Kapitalisten zu Tode erschreckten und in die Flucht schlugen.

Aber wie sag ichs meiner 4-jährigen Tochter, die ja gar nichts dafür kann? Und was erzählen die anderen Eltern ihren Kindern, die vom Kapitalismus und dessen himmelschreiender Ungerechtigkeit noch nie etwas gehört haben? Gar nicht. Mein Töchterchen wurde nämlich bestens unterhalten. Erst fürchte ich, sie würde die Bilder allzu „gruselig“ finden. Aber sie lachte, weil er Sprecher die Sache so toll erzählte. Und weil das Stück doch sehr gut gemacht war. Und mit diesem Sozialismus hat eh nur der Papa seine Schwierigkeiten. Und sonst niemand.

Die Bremer Stadtmusikanten – ein musikalisches Märchen nach den Gebrüdern Grimm mit Orgel, Erzähler und bewegten Bildern. Komponiert von Henrik Albrecht (Preisträger Deutscher Hörbuchpreis), neu erzählt von Jens Wonneberger (Preisträger des Literaturförderpreises des Freistaates Sachsen) und illustriert von Kai Pannen. Gesprochen von Hans-Christoph Michel. Eine Produktion der Hamburger TheaterManufaktur von 2012.

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